Zehn Jahre Kleinkunstbühne Alte Fabrik – das muss gefeiert werden. Eigentlich wollten die beiden Macher Martin Möcking und Matthias Becht schon im vergangenen Jahr mit einer Gala feiern, doch Corona zwang die beiden zur Verschiebung. Nun wird sie am Samstag, 30. Oktober, nachgeholt. „Wir werden groß feiern mit Rotem Teppich, einem Überraschungsprogramm und anschließendem Zusammensein mit Live-Band“, verrät Matthias Becht.
Großes Programm
Neben einigen Künstlern auf der Bühne, die in den vergangenen Jahren bereits in der Alten Fabrik waren, werden weitere Akteure als Gäste dabei sein. „Auch das wird eine Überraschung sein, wer alles kommen wird“, erklärt der Programmchef. Auf jeden Fall werden alle Besucher zur Feier des Tages über einen Roten Teppich in die Alte Fabrik gelangen. Danach ist ein buntes Programm auf der Bühne vorgesehen, bevor es anschließend ein gemütliches Beisammensein mit Live-Band geben wird. Natürlich wird dabei auch mit dem einen oder anderen Gläschen Sekt auf das zehnjährige Bestehen angestoßen werden. Aufgrund der aktuellen Corona-Lage gilt für alle die bekannte 3G-Regelung.
Der Beginn
2010 begann das Abenteuer „Alte Fabrik“. Als Martin Möcking damals seinen persönlichen Traum verwirklichte, haben nur ganz wenige daran geglaubt, dass es möglich wäre, eine Kleinkunstbühne in Mühlhofen zu etablieren. In der Zwischenzeit ist dies tatsächlich gelungen. Auch wenn das vergangene Jahr durch Corona das wohl schwierigste war, werden Martin Möcking und Matthias Becht alles daran setzen, dass die Alte Fabrik mindestens zehn weitere Jahre für politisches Kabarett und mehr über die Region hinaus einen Namen haben wird.
Anekdoten
In zehn Jahren fallen einige Geschichten und Anekdoten an. Hier können vor allem die beiden Macher der Kleinkunstbühne, Martin Möcking und Matthias Becht, jede Menge davon erzählen. Für die Seewoche haben die beiden einen etwas ungewöhnlichen Rückblick parat mit zahlreichen Anekdoten zum Schmunzeln.
2012
Bei einer Vorstellung von Lilo Wanders (links) kam in der Pause ein Gast auf die Veranstalter zu und merkte an, dass es doch unmöglich sei, dass das eine Frau sei. „Der ältere Herr war wirklich völlig irritiert“, erinnert sich Martin Möcking. Im selben Jahr kam eine ältere Dame nach der Vorstellung von Irmgard Knef (rechts) zu Matthias Becht und teilte ihm mit, dass sie jetzt 80 Jahre alt werden musste, um zu sehen, dass Hildegard Knef tatsächlich eine Schwester habe. Kabarettist Uli Heisig, der Irmgard Knef verkörpert, nahm es als Lob, die Figur doch so gut dargestellt zu haben.2011
Der Versuch, ein klassisches Konzert zu veranstalten, endete in einem Desaster. Es waren exakt drei Zuschauer zum Konzert des Katz Trios gekommen. Für das Trio war es auch ein aufregendes Konzert, denn der Bassist war auf der Anreise mit seinem Instrument gestürzt und hatte es beschädigt. Nach einer kurzfristigen Ausleihe kam das Trio auf den letzten Drücker – und spielte das Konzert für drei Gäste. „Es war das erste und letzte Klassikkonzert“, sagt Matthias Becht schmunzelnd.2010
In der Alten Fabrik war in den ersten Jahren in der ersten Reihe immer ein Platz frei. Er gehörte der Eigentümerin Apollonia Spek, die so gut wie immer etwa zehn Minuten zu spät kam. Bemerkenswert daran war, dass sie immer so gekleidet kam, wie sie gerade war. Häufig kam sie im Morgenmantel und Pantoffeln oder direkt vom Feld mit Gummistiefeln. Der Platz war bei jeder Veranstaltung frei bis zu ihrem Tod.2013
Die australische Sängerin Prita Grealy musste nach ihrem Auftritt bis zu ihrem Zimmer begleitet werden, weil ein Besucher so aufdringlich wurde, dass sie darum bat.2013
Anton war ein Border-Collie-Mischling, der zum Inventar der Alten Fabrik gehörte. Der Hund verfolgte die Veranstaltungen in der ersten Reihe vor einem Sofa. Bei der Lesung von Hellmuth Karasek schlief er allerdings ein und schnarchte dermaßen laut, dass der Literaturkritiker selbst sagte: „Wenn Hunde schon bei meinem Programm einschlafen, kann es ja so berühmt nicht sein.“ Damit hatte er den Lacher des Abends auf seiner Seite. Anton schlief übrigens weiter und schnarchte immer wieder laut.2014
Beim Auftritt von Ingo Oschmann flog eine Taube durch ein geschlossenes Fenster – die Scheibe zerbrach – und flatterte im Foyer umher. Der Hausmeister fing sie mit Leintuch und Eimer. Das Fenster war kaputt und die Taube überlebte den Vorfall leider nicht. Die Besucher hatten dagegen einen äußerst unterhaltsamen Abend.2014
In der Pause seines Auftrittes musste Jörg Knör auf die Toilette. Zu jener Zeit musste er von der heutigen Künstlergarderobe in den hinteren Teil des Gebäudes der Alten Fabrik gehen. Auf dem Rückweg hat er sich dermaßen in dem großen Gebäude verlaufen, dass die Pause auffällig lange ausgedehnt wurde. Jörg Knör trug es mit Humor und sagte: „Ich geh nie wieder in der Pause auf die Toilette.“2018
Zwei Besucher kamen mit Eintrittskarten zur Leipziger Pfeffermühle in die Alte Fabrik. Die Plätze waren allerdings bereits besetzt. Bei genauerem Hinschauen wurde festgestellt, dass die beiden Besucher Eintrittskarten für das Gastspiel des Ensembles in Leipzig gekauft hatten und waren damit nach Mühlhofen gekommen.2016
In diesem Jahr gab es drei Seminare, die Martin Möcking und Matthias Becht in Erinnerung blieben. Zum einen gab es ein Sexseminar für Paare, bei dem die Leiterin einen Zettel an die Tür hing, dass alle Übungen bekleidet stattfinden. Kurz darauf gab es ein Marienseminar, bei dem sogar ein Altar aufgebaut wurde, und ein Tierseminar wurde kurz vor der Veranstaltung abgebrochen. „Die Leiterin monierte, dass ich durch den hinteren Raum in mein Büro ging, weil ich die Schwingungen im Raum dermaßen stören würde, dass kein Seminar möglich sei“, erzählt Matthias Becht schmunzelnd.2019
Beim Kabarettclub gab es im ersten Teil auf der Bühne einen handfesten verbalen Streit zwischen Martina Brandl und Kay Ray, worauf der Comedian seinen Koffer packte und die Alte Fabrik verlassen wollte. Die Besucher waren bestens unterhalten, weil sie das Ganze zunächst für einen Teil der Show hielten. Matthias Becht und Martin Möcking konnten Kay Ray in der 40-minütigen Pause überreden, nach der Pause doch noch einmal auf die Bühne zu gehen.2017
Bei einer Vorstellung des Fabrik Kabarett Klubs mit Gastgeberin Martina Brandl sowie den Kabarettistinnen Anka Zink, Ingrid Kühne und Birgit Breuer begann es dermaßen heftig zu regnen, dass das Wasser die Wände herunterlief. „Es war wie ein Wasserfall“, erinnert sich Matthias Becht, der mit Putztuch und Eimer unterwegs war. Vor allem die Künstlergarderobe stand völlig unter Wasser. Anka Zink (Bild) wollte sogar noch putzen, während die anderen drei Damen auf dem Sofa saßen und die Füße nach oben nahmen. Das Publikum war vom Wassereinbruch nicht betroffen und blieb trocken.2018/2019
Die Nachwirkungen der Silvesternacht dauern bis heute an. Am nächsten Morgen tauchte auf einem Bartisch ein herren- oder damenloses Gebiss auf. „Wir haben es bis heute bei uns“, berichtet Matthias Becht. „Es hat sich bis jetzt niemand gemeldet.“ Und Martin Möcking sagt: „Wer es vermisst, kann gerne kommen und es abholen.“